Muss eine rechtsgültige Unterschrift lesbar sein?Welche Regeln gelten bei der Unterschrift?
Viele Unterschriften sind nicht lesbar. Oft macht es sehr viel Mühe, überhaupt Buchstaben erkennen zu können. Welche Voraussetzungen hat eine rechtsgültige Unterschrift?
Wozu braucht es Unterschriften?
Unterschriften sind aus dem Rechtsverkehr nicht wegzudenken. Mit einer Unterschrift bekundet der Unterschreibende nach § 416 ZPO, dass er die darüber stehenden Erklärungen abgegeben hat und sie von ihm stammen. Folglich begründet der Unterschreibende mit seiner Unterschrift die Beweiskraft des Dokuments, auf dem er unterschrieben hat. Ist etwa der Inhalt eines Vertrages streitig, so wird regelmäßig die Vertragsurkunde, also das Vertragsdokument herangezogen. Daraus dass zwei Personen eine Vertragsurkunde unterschrieben haben wird dann geschlossen, dass sie sich auf die inhaltlichen Erklärungen des Dokuments geeinigt haben.
Warum „Unterschrift“ ?
Unterschrift bedeutet, dass der Unterschreibende seinen Namen eigenhändig unter die Urkunde schreibt, damit die Beweiskraft der Urkunde sich auf alles über der Unterschrift stehende beziehen kann. Problematisch kann dies insbesondere bei eigenhändigen Testamenten nach § 2247 BGB werden, wenn der Erblasser die Unterschrift am Rand oder quer über der Urkunde hinterlassen hat. In diesem Fall besteht nämlich, wie bei anderen Urkunden aber auch, die Gefahr dass nachträglich Änderungen an der Urkunde vorgenommen werden oder worden sein könnten. Eine Unterschrift die nicht unter der Urkunde steht, stört also die Beweiskraft der Urkunde erheblich. Dies ist beim eigenhändigen Testament besonders misslich, da der Erblasser seinen letzten Willen meist nicht erneut und formgerecht zu Papier bringen kann.
Wann ist eine Unterschrift Pflicht?
Grundsätzlich können Verträge auch mündlich geschlossen werden. So kann sogar ein Arbeitsvertrag nur mündlich abgeschlossen werden. In diesem Fall kann man jedoch nicht auf die Beweiskraft einer Urkunde zurückgreifen. Wenn aber das Gesetz für einen bestimmen Vertragstyp, wie etwa nach § 766 S. 1 BGB die Bürgschaft, die Schriftform zwingend vorgesehen ist, dann ist eine schriftliche Urkunde zu fassen, die gemäß § 126 Abs. 1 BGB auch zu unterschreiben ist. Im Falle eines Vertrages gilt dies nach § 126 Abs. 2 BGB für beide Vertragsparteien.
Muss die Echtheit der Unterschrift bewiesen werden?
Behauptet jemand, die Unterschrift stamme nicht von ihm, so muss die Echtheit der Urkunde nach § 440 ZPO bewiesen werden. Dies kann gemäß § 441 Abs. 1 ZPO im Schriftvergleich geschehen. In diesem Fall bringt es also nichts, wenn jemand absichtlich unleserlich unterschreibt, um sich mit der Behauptung die Unterschrift stamme nicht von ihm, von diesem Vertrag zu lösen. Unter Umständen macht sich die Person dann sogar des versuchten Prozessbetruges strafbar.
Ist auch eine eingescannte Unterschrift gültig?
Der europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 28. Mai 2020 und zuletzt vom 01.12.2022 (EuGH, Urteil vom 01.12.2022, C-564/21, Celex-Nr. 62021CJ0564) festgestellt, dass eine eingescannte Unterschrift keine Originalunterschrift darstellt. Eine digitalisierte Kopie weist folglich nicht die erforderliche Schriftlichkeit auf. Etwas anderes kann in Einzelfällen, zumindest im gerichtlichen Verkehr gelten, wenn das nicht der Schriftform entsprechende Dokument von der staatlichen Stelle wieder ausgedruckt und der Akte beigefügt wird, weil dann die Körperlichkeit der Urkunde gewahrt ist (BGH, Beschluss vom 18. März 2015 – XII ZB 424/14 –, juris). Auf solche behördlichen Fehler sollte man sich jedoch grundsätzlich nicht verlassen. Insbesondere im privaten Rechtsverkehr besteht aber die Gefahr, dass die eingescannte Unterschrift nachträglich einer Urkunde hinzugefügt wurde, für die sie nicht bestimmt war. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass sogar eine strafbare Urkundenfälschung vorliegt. Etwas anderes gilt bei Dokumenten der qualifizierten elektronischer Signatur im Sinne des § 126a Abs. 1 BGB. Für diese gilt nach § 371a ZPO das gleiche wie für private Urkunden, die eigenhändig unterschrieben worden sind. Der elektronisch signierende bekundet damit, dass er die darüber stehenden Erklärungen abgegeben hat und dass sie von ihm stammen. Aber auch wenn es sich nur um eine einfache elektronische Signatur handelt, hat diese nach Art. 25 Abs. 2 eIDAS-Verordnung der Europäischen Union die gleiche Rechtswirkung wie eine handschriftliche Unterschrift. Eine eingescannte Unterschrift ist jedoch allein keine elektronische Signatur.
Reicht „xxx“ beziehungsweise drei Kreuze als Unterschrift?
Nein. Die Unterschrift muss sich zumindest gewollt als Wiedergabe des Namens darstellen und erkennen lassen. Ist nach § 126 Abs. 1 BGB die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben, kann statt der eigenhändigen Namensunterschrift aber auch mit einem Handzeichen unterzeichnet werden. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Handzeichen notariell beglaubigt wird. In diesem Fall bestätigt nämlich der Notar mit seiner Beglaubigung die Echtheit des Handzeichens.
Muss die Unterschrift lesbar sein?
Sie muss es nicht, sie sollte es aber. Der Bundesgerichtshof definiert die Unterschrift als ein aus Buchstaben einer üblichen Schrift bestehendes Gebilde, das nicht lesbar sein braucht. Erforderlich sei aber das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzuges, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als Wiedergabe des Namens darstellt und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lasse. (BGH, Beschluss vom 27. September 2005 – VIII ZB 105/04). Die fehlende Lesbarkeit ist also kein Kriterium für die Fehlerhaftigkeit einer Unterschrift. Die Lesbarkeit liegt jedoch regelmäßig im eigenen Interesse des Unterschreibenden, insbesondere wenn es sich um ein eigenhändiges Testament handelt. So kann der Erblasser am ehesten verhindern, dass sein Testament nach seinem Tod angefochten werden kann und sein letzter Wille für ungültig erklärt wird.
Kann eine Unterschrift durch den Zusatz „Dieses Dokument wurde maschinell erstellt und ist daher ohne Unterschrift gültig“ ersetzt werden?
Nein. Sinn und Zweck der Unterschrift ist es, die Identität des Unterschreibenden zu ermitteln, um der Urkunde dadurch Beweiskraft zukommen zu lassen. Daran fehlt es zwischen Privatpersonen, wenn die Unterschrift fehlt. Privatpersonen können eine Unterschrift daher nicht durch diesen Satz ersetzen. Anders ist dies bei einer Behörde, da die die öffentliche Urkunde ausstellende Person nicht selbst eine Erklärung abgibt, sondern im Namen der Behörde. Natürlich bleibt es etwa Vertragsparteien unbenommen bei einem Vertrag, der an keine gesetzliche Form gebunden ist, lediglich einen Vertragstext maschinelle zu verfassen, den sie nicht eigenhändig unterschreiben. In diesem Fall leidet aber die Beweiskraft der Vertragsurkunde darunter, wodurch diese nicht ihren eigentlichen Zweck entfalten kann.
Hier einige aktuelle und lesenswerte Texte von recht-aktuell.de:
- DSGVO-Schadenersatz bei Datenleck wird einfacher durchsetzbar (Ein Text der Kanzlei Wrase, bei recht-aktuell.de)
- Cannabis-Legalisierung – welche Regeln gelten ab dem 01. April 2024? (Ein Text der Kanzlei Schuhmann & Rasch, bei recht-aktuell.de)
- Umgang mit Beschäftigtendaten – Anforderungen an spezifischere nationale Vorschriften (Ein Text der Kanzlei für Arbeitnehmerinteressen, Berlin, bei recht-aktuell.de)
- Veränderungen im Führerscheinrecht und im Ordnungswidrigkeitenrecht aufgrund der Cannabis Legalisierung (Ein Text der Rechtsanwaltskanzlei Posikow Kehren Rechtsanwälte PartmbB, bei recht-aktuell.de)
- Cannabis zwar legalisiert – Aber Vorsicht! (Ein Text der Rechtsanwaltskanzlei Das Anwaltshaus, bei recht-aktuell.de)
Tipp: Bleiben Sie auf dem Laufenden: Abonnieren Sie den kostenlosen recht-aktuell Newsletter mit den neuesten Rechtsfragen von refrago.de und den neuesten Artikeln aus über 30 Rechtsanwaltskanzleien.